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Mahnmal für zerstörten Turnertempel

Während der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als historischer Arbeiter_innenbezirk bekannt ist, ist die starke jüdische Präsenz gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten: Damals war Rudolfsheim-Fünfhaus Mittelpunkt der vorstädtischen jüdischen Gemeinde Wiens. Zentrum der jüdischen Gemeinde war die Herklotzgasse, in unmittelbarer Nähe befand sich eine Synagoge, der Turnertempel.

Der Tempel in der Turnergasse 22 wurde als dritte Synagoge Wiens 1871/72 errichtet. In der „Reichskristallnacht“ des November 1938 wurde der Tempel von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt und vollkommen zerstört.

Innenansicht des historischen Turnertempels. Foto: Herklotzgasse 21Innenansicht des historischen Turnertempels. Foto: Herklotzgasse 21

Anfang 2010 schrieb die KÖR, die „Kunst im öffentlichen Raum GmbH“ der Stadt Wien, einen Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals an der Stelle des ehemaligen Turnertempels aus. Vor wenigen Wochen wurden nun die GewinnerInnen des Wettbewerbs bekanntgegeben: die KünstlerInnen Iris Andraschek und Hubert Lobnig sowie das Atelier Auböck + Kárász. Das Siegerprojekt sieht ein Netz aus schwarzen Beton-Balken vor, das den eingestürzten, zerborstenen Dachstuhl des Turnertempels symbolisieren soll, in den Boden eingelassene Mosaiken fungieren als „archäologisches“ Gegenstück.

Siegerentwurf Turnertempel. Foto: Auböck + Kárász & Lobnig / Andraschek 2010 Siegerentwurf Turnertempel. Foto: Auböck + Kárász & Lobnig / Andraschek 2010

Laut der Initiative „Herklotzgasse 21“ soll das Mahnmal kein „Holocaust-Denkmal“ sein, sondern für die aktuellen Bewohner_innen des Viertels und für Stadtbesucher_innen – insbesondere die Vertriebenen und ihre Nachkommen – jenen Ort symbolisch wiederbesetzen, der einst das sichtbare und selbstbewusste Zentrum dieser bedeutenden jüdischen Community darstellte.