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Schwarz auf Blau - Das Papiertheater

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von Gina Disobey und Natasha Bobb
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©Ivan Okello
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Wir befinden uns im Jahr 2019, die türkis-blaue Regierung erlebt mediale Aufmerksamkeit wie nie zuvor. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass deren kontroverse Politik die hiesigen Zeitungen mit neuem Stoff füttert. Gleichzeitig erleben Frauen* of Color, dass Sexismus und Rassismus wieder mal salonfähiger in der österreichischen Gesellschaft werden. Nun steht auch die EU-Wahl vor der Tür und die FPÖ-Politiker Hofer und Vilimsky machen ihre Alpentour mit einem obligatorischen Stopp in Innsbruck. Aber nicht nur die FPÖ, sondern auch linke Gegendemonstrant*innen, unter ihnen vier Schwarze Aktivistinnen*, haben etwas zu sagen und beschließen, sich gegen die FPÖ-Politik zu wehren und das nicht leise, sondern mit Geschrei. Was sich dann alles rund um das Goldene Dachl, wo Vilimsky und Hofer ihre Reden schwingen, abspielt und was das alles mit dem Ibiza Skandal zu tun hat, wird in dem Papiertheaterstück (ein Theater, das aus Papierfiguren und Papierhintergründen besteht) "Schwarz auf Blau" zur Schau gebracht. 

Es war wichtig, den Alltag von Frauen* of Color in den Mittelpunkt zu rücken und aufzuzeigen, was es bedeutet, sich in einer rassistischen und sexistischen Gesellschaft durchzukämpfen und auch welche Schäden das bei den einzelnen Individuen hinterlässt. Als etwas Anderes betrachtet zu werden, auch "Othering" genannt, erleben rassifizierte Menschen in Österreich täglich. 

Die Protagonistinnen*, vier Schwarze Frauen*, bringen diesen andauernden Kampf mit etlichen Beispielen an die Oberfläche. Es geht um Freund*innenschaft und Zusammenhalt, um Emanzipation und darum, wie unterschiedlich die Lösungsansätze der einzelnen Charaktere sind.

Die künstlerische Umsetzung des Dramas als Papiertheater verleiht der Geschichte einen besonderen Ausdruck. Dort wo im klassischen Theater das Phantastische an seine Grenzen stößt, kann im Papiertheater, ähnlich wie im Film, nicht nur sprachlich, sondern auch bildlich in Metaphern und Symbolen gesprochen werden.

Am 03.02.2023 konnte das Stück zur Freude der Produzentinnen* Gilda Safarian und Gina Disobey im Bogentheater uraufgeführt werden in Kollaboration mit vielen Aktivist*innen aus verschiedenen Bereichen.

Die anschließende Podiumsdiskussion mit der Autorin und den Protagonistinnen* ging unter die Haut. Themen wie Repräsentation, Colorism, Privilegien, Humor und Empathie wurden aufgegriffen. 

So war es auf der einen Seite für Betroffene verletzend, wenn im Publikum bei rassistischen Aussagen im Stück gelacht wurde, andererseits scheint Rassismus für weiße Menschen immer noch ein unangenehmes Thema zu sein, so dass sich dieses Gefühl in Lachen äußerte.

Am Ende blieb die Frage: darf über Rassismus gelacht werden? Vor allem aber wer darf darüber lachen? 

Nächste Vorführung: 24. Juni 2023 // Fest der Vielfalt // Innsbruck    

Credits:

Text: Natasha Bobb

Projektleitung, Animationen, Bühnenbild und Regie: Gina Disobey/ Gilda Safarian

Spieler:innen: Gina Disobey/ Gilda Safarian vertreten durch Tayfun Kilic

Stimmen der Hauptfiguren: Marie Winkler/ Natasha Bobb/ Sarah Davies/ Gina Disobey 

Stimmen der Nebenfiguren: Andrea Umhauer/ Julia Golser/ Melike Tohumcu/ Philipp Engel/ Sigrid Moser/ Tayfun Kilic

Erzähler*innen: Cagla Bulut/ Daniel Lorenz

Illustration: Melanie Gandyra

Licht & Ton: Philipp Engel

Foto- & Videodokumentation: Daniel Jarosch/ Ivan Okello

Das Projekt wurde von der Stadt Innsbruck im Rahmen von stadt_potenzialen gefördert.

Natasha Bobbstudierte Geschichte und Englisch auf Lehramt und beschäftigte sich in ihrer Diplomarbeit mit der Inklusion von Migrationsliteratur im Fremdsprachenunterricht. Sie beschäftigt sich mit Themen wie Migration, Flucht, Rassismus und Feminismus. Seit 2016 ist sie Mitglied des Theatervereins Zweitgeschichte. 2021 schrieb sie das Papiertheaterstück "Schwarz auf Blau", das 2023 wieder im Bogentheater aufgeführt wurde. Sie ist in der Initiative Black Indigenous Women* of Color in Innsbruck sowie bei der Initiative Schwarze Frauen* aktiv.
Gina Disobeyist Künstlerin, Aktivistin, Schwarze Feministin. Sie lebt seit 2005 in Tirol und ist selbstständige Kunstlehrerin und Künstlerin. Seit jeher beschäftigt sie sich mit dem Thema Diskriminierung. Sie leitet diverse emanzipatorische Workshops unter anderem mit Siebdruck. So leitet sie auch das Projekt „We gonna breath“ von der Black Community Innsbruck, gefördert vom Land Tirol und der Stadt Innsbruck. 2021 hat sie mit dem Song „Seeking Asylum is not a crime“ den österreichischen Protest Song Contest von FM4 gewonnen.