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Editorial

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von migrazine
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© Mónica Ferreras de la Maza
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DE

Über geographische Grenzen hinaus kann Sicherheit mit einer Idee verbunden werden, die die imperiale Festung westlichen Reichtums, Wissens und Kultur schützt. Um diese ideologische Landkarte aufrechtzuerhalten, wurde die Welt in einen privilegierten Norden auf der einen Seite, der als sicher gilt, und den instabilen, vom Krieg gebeutelten Ländern auf der anderen Seite "geteilt". Gleichzeitig haben wir aber auch gesehen wie marginalisierte Menschen, die in den globalen Norden migriert sind, tatsächlich mit Unsicherheit konfrontiert werden. Dieses Paradoxon in Bezug auf Sicherheit hat uns deutlich vor Augen geführt, in welchem Ausmaß dieser Begriff ein stark ideologisiertes Konzept ist, das konstruiert wurde, um die Struktur einer minoritären Gruppe privilegierter Menschen zu schützen. Insgesamt erlaubt uns dieses Verständnis auch zu analysieren, wie staatliche und supranationale Formationen wie die EU funktionieren, und Macht und Kontrolle ausüben. 

Die Art und Weise, in der dieses hegemoniale Sicherheitsnarrativ ein Individuum beeinflusst, hängt davon ab, wie es in der Gesellschaft positioniert ist. Sicherheit ist zudem mehr als nur ein Gefühl, das uns im Alltag begleitet, sie ist auch mit materieller Sicherheit gekoppelt. Aber wer genießt einen permanenten Zustand des Sicherseins und Sich- Sicher-Fühlens? 

Die COVID-19-Periode hat uns gezeigt, dass jeder Mensch auf der Welt verletzlich ist, aber gleichzeitig haben damit verbundene wirtschaftliche und soziale Maßnahmen und Grenzpolitiken bereits bestehende Ungleichheiten vertieft. Sie hat uns gezeigt, dass der Umgang mit der Verwundbarkeit, die die Grundlage der Sicherheitspolitik bildet, in der Gesellschaft nicht gleichmäßig verteilt ist. Wir möchten uns auf die Möglichkeiten und Ressourcen konzentrieren, die Randgruppen und Privilegierte, die mit dem System nicht einverstanden sind, zur Verfügung stehen, um Sicherheit, Verantwortung und community organizing auf einer kreativen Weise anzugehen, die einer hegemonialen Erzählung von Sicherheit entgegensteht. 

Ezgi Erol, Lia Kastiyo-Spinósa & Ivana Marjanovic

EN

Going beyond geographical borders, safety can be linked to a rhetoric that protects the imperial fortress built around the Western wealth, knowledge, and culture. To maintain this ideological map, the world has been “divided” between the privileged North on one hand, which is perceived as safe, and the unstable, war-ridden countries on the other. However, at the same time, we see how marginalized people who migrate to the Global North face indeed unsafety. This paradox surrounding safety has clearly shown us the effect to which this term is a highly ideologized concept, constructed to protect the structure of a minoritarian group of privileged people. Overall, this understanding allows us also to analyze how state and supranational formations, such as the EU, function, and practice power and control. 

The ways in which this hegemonic narrative of security affects an individual depends on how they are positioned in society. Moreover, being safe is more than just a feeling that accompanies us in everyday life, it is also coupled with material security. But who enjoys a permanent state of being and feeling safe? 

The COVID-19 period has shown us that everyone in the world is vulnerable, but at the same time, related economic and social measures and border policies have deepened already existing inequalities. It has shown us that dealing with vulnerability, which builds the basis of security policies, is not equally distributed in society. For this second edition of the year 2020, we focus on the possibilities and resources available to marginalized people and privileged people who disagree with the system, in order to approach security, accountability, and community organizing in creative ways that oppose a hegemonic narrative of security.

Ezgi Erol, Lia Kastiyo-Spinósa & Ivana Marjanovic

Die Ausgabe 2020/2 wurde mit freundlicher Unterstützung von LINZimPuls 2020 und der Österreichischen Hochschülerinnenschaft der Universität Wien produziert.
The issue 2020/2 was produced with the friendly support of LINZimPuls 2020 and the Student Union of the University of Vienna.

 

 

migrazineist ein online mehrsprachiges Magazin und kritisch-alternatives Medium, das sich mit der Migration verbundenen Phänomenen sowie mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigt.